Parlamentarische Kontrolle der Dienste - Praxis und Praktikabilität

Vortrag von Herrn Uli Grötsch MdB bei der Nachrichtendienst-Konferenz des Behördenspiegels am 21. Juni 2023 in Berlin


Die folgende Fassung des Papers enthält keine Fußnoten. Die vollständige Fassung können Sie über das PDF abrufen

Dr. Gerhard Conrad

Im Rahmen der diesjährigen Nachrichtendienst-Konferenz des Behördenspiegels in Berlin (19.-20. Juni 2023) hielt Herr Uli Grötsch (MdB SPD), langjähriges Mitglied des PKGr, einen Vortrag zum aktuellen Stand der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes, zu Änderungsbedarf und absehbaren Entwicklungsperspektiven. Das Vortragsmanuskript wurde uns freundlicherweise zur Vorstellung und Kommentierung als Hintergrundinformation überlassen.

MdB Grötsch betonte eingangs, dass die Dienste seiner Überzeugung nach gerade auch angesichts der unverändert hohen Bedrohungslage in Deutschland gute Arbeit leisteten. Er sei „dankbar, dass sie für unsere Sicherheit sorgen“ (S. 2). Den erheblichen Gefahren müsse mit gut aufgestellten Nachrichtendiensten die Stirn geboten werden.

Kernaufgabe des Parlaments sei es,

„dafür zur sorgen, dass den Diensten die entsprechenden Werkzeugkoffer zur Verfügung stehen, und darauf zu achten, dass die Werkzeuge auch verfassungsgemäß zum Einsatz kommen“ (S.2).

Nach den legislativen Reformschritten von 2016 und 2021 für den BND und einer erheblichen Ertüchtigung der parlamentarischen wie justitiellen Kontrolle arbeite man aktuell an der sogenannten „großen Lösung“ für den BND. Man müsse in Ruhe darüber nachdenken, wie der Auslandsnachrichtendienst in Zukunft aufgestellt sein solle (S. 3).

Im Bereich der Parlamentarischen Kontrolle müsse man

„weg von einer Schlagzeilenkontrolle hin zu einer strukturierten politischen und professionalisierten Kontrolle der gesamten nachrichtendienstlichen Tätigkeit unter Einschluss des Militärischen Nachrichtenwesens der Bundeswehr“ kommen.

Nachträgliche umfängliche Berichts- und Aufarbeitungsbitten

„bänden Kapazitäten in den Diensten, die an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt wären. Dieser Zustand sei bereits seit langem kritisiert worden, es handle sich um ein grundlegendes Problem“(S. 5).

Neben ambitionierten Überlegungen zu einer weiteren Verzahnung und Koordination der vielfältigen Kontrollmechanismen unter der Ägide des PKGr (S. 6-9) betonte MdB Grötsch aber auch weitere, zukunftsweisende Aspekte mit Bezug auf den Bundesnachrichtendienst:

  • PKGr-Kontrollberichte sollten in geeigneter Weise, d.h. insbesondere unter Wahrung der essentiellen, rechtlich bewehrten Geheimschutzbedürfnisse, öffentlich gemacht werden, um ein höheres Maß an Transparenz zu erzeugen. Bürgerinnen und Bürger könnten so mehr Vertrauen in die Dienste haben. Es gehe darum, die Arbeit der Nachrichtendienste sichtbarer zu machen. Es sei richtig, die Ära der Schlapphüte hinter sich zu lassen (S.9-10).

  • Sehr wichtig und längst überfällig sei auch das Thema eines Mentalitätswechsels in den Diensten. Als PKGr-Mitglied schaue man auch genau hin, wenn es um das „Klima in den Fluren“ gehe. Wenn man höre, dass Mitarbeitende sich schlecht von der Führungsebene informiert fühlten, der Krankenstand hoch sei und es Probleme bei der Personalgewinnung gebe, dann seien das Gründe nachzuhaken (S.10).

  • Es gehe nicht nur darum, die Dienste mit noch besseren Mitteln und Befugnissen auszustatten, sondern auch darum, dass gute Leute dort arbeiteten, die mit ihrem Arbeitgeber zufrieden seien. Gute Arbeitsbedingungen seien das Fundament eines jeden gut laufenden Betriebs. Man müsse sich Gedanken darüber machen, wie man die Nachrichtendienste als Arbeitgeber attraktiver machen könne, „denn sonst liefen die guten Leute weg, und das könne man sich in diesen Zeiten auf Kosten unserer Sicherheit nicht leisten“. (S. 11).

Der GKND hat seit geraumer Zeit auf diese aktuellen oder potentiellen Handlungserfordernisse hingewiesen und kann diese Impulse in ihrer Bedeutung daher nur unterstreichen:

  • Parlamentarische Kontrolle kann nicht nur ein Abwehrinstrument zur Wahrung von Recht und Gesetz sein, sie muss – wie in der Ausschussarbeit zu anderen Politikfeldern auch, und von § 4 Absatz 1, Satz 2 des PKGr-Gesetzes vorgesehen – das Handeln der Bundesregierung dahingehend prüfen, ob es angemessene Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für eine wirksame Aufgabenwahrnehmung der staatlichen Strukturen, hier also der Dienste, schafft.

  • Kontrolle darf nicht zu einer strukturellen Schwächung der Dienste in der Wahrnehmung ihres Kernauftrags führen: Kapazitätsverlust durch Kontrolle (Abgabe an Kontrolleinrichtungen, Wahrnehmung umfänglicher Dokumentations-, Melde- und Beratungspflichten innerhalb der kontrollierten Strukturen) ist kurzfristig unvermeidlich. Sie muss jedoch schnellstmöglich durch gezielte fachlich qualifizierte Nachbesetzung kompensiert werden. Kontrolle darf nicht zur personellen Auszehrung in der Wahrnehmung der Kernaufgaben münden. Der Personalsubstitution und Restitution muss bereits bei Planung und Einrichtung neuer Kontrollstrukturen höchste Priorität seitens Bundesregierung und Parlament (Vertrauensgremium) eingeräumt werden.

  • Mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit zur Arbeit der Dienste wagen gilt für die Bundesregierung wie für das Parlament. Auch wenn der Bundesnachrichtendienst – im Gegensatz zum BfV – keinen originären gesetzlichen Auftrag zur Information der Öffentlichkeit hat, wäre es ein Fehlschluss, ihn aus der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung nehmen zu wollen. Wie jede staatliche Institution bedarf der Dienst als solcher einer angemessenen öffentlichen Wahrnehmung als Teil des demokratischen Rechtsstaates. Seine in staatrechtlicher Fundierung, Aufgabenstellung und wirksamer Aufgabenerfüllung begründete Legitimation als Instrument der Bundesregierung zur Wahrung elementarer Sicherheitsinteressen des Landes8 muss wirksam und transparent kommuniziert und kompetent erläutert werden können. Dies ist nicht in erster Linie Aufgabe des Dienstes im Rahmen der Eigendarstellung, sondern insbesondere auch Verantwortung des Bundeskanzleramts als Dienst- und Fachaufsicht der ihm direkt unterstellten Bundesoberbehörde BND. Entscheidend für die öffentliche Wahrnehmung ist nicht die Eigenbewertung des Dienstes, sondern diejenige der Bundesregierung (BKAmt und institutionelle Hauptabnehmer wie AA, BMVg, BMI) und wiederum des Parlaments (PKGr). Wie in allen Bereichen staatlichen Handelns ist es erforderlich, sorgsam auch mit dem Image der Dienste umzugehen und – wo nötig, möglich und zuträglich – gerade auch über die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sachlich ungerechtfertigter oder überzogener Kritik entgegenzutreten und den Blick für eine unverstellte realitätsbezogene Wahrnehmung von Aufgaben- und Leistungsspektrum zu schärfen. Hier kommt auch dem parlamentarischen Raum als Ort der politischen Willensbildung und Artikulation, erhebliche Bedeutung zu.

  • Gesellschaftlicher Mentalitätswandel spiegelt sich im Bewerberaufkommen auch für die Dienste ab. Verständnis für und Loyalität zu Aufgaben der gemeinsamen, gesamtstaatlich organisierten Daseinsvorsorge für innere und äußere Sicherheit wird sich eine neue Generation mit anderen, aus einer Ära der „unerträglichen Leichtigkeit des Seins“ stammenden, hoch individualisierten Aspirationen und Wertvorstellungen in neuer Weise aneignen müssen. Die Grundlagen der gemeinsam geschaffenen Lebensumstände in Freiheit, Rechtssicherheit und relativer Prosperität müssen in ihrer historischen und globalen Bedingtheit, Schutzbedürftigkeit und Verteidigungswürdigkeit unmissverständlich und nachhaltig benannt, erklärt und erfahrbar gemacht werden. Auch hier kommt dem parlamentarischen Raum als zentralem Forum der öffentlichen Diskussion, Meinungs- und Willensbildung eine fundamentale Bedeutung zu.

  • Möglichen strukturellen Defiziten in Motivation und Personalführung muss ebenso energisch und lösungsorientiert nachgegangen werden wie möglichen Schwächen in Expertise. Nichts ist so unverzichtbar wie Exzellenz in Fachkenntnis als Grundlage für kompetente Beschaffung wie für ein fundiertes Urteil und eine qualitätsvolle Unterstützung der Bundesregierung und anderen institutionellen Abnehmern aus dem Bereich der Sicherheit. Der Dienst stellt Produkte zur Verfügung: Wie jedes Unternehmen benötigt er einen qualitätsvollen „Einkauf“ (nachrichtendienstliche Beschaffung), eine kompetente und innovative „Produktion“ (Auswertung, Lagefeststellung, Lagebeurteilung) und ein „marktgängiges Produkt“ (bedarfs- und zeitgerechte Berichterstattung und Analyse für die verschiedenen Bedarfsträger).

Der Vortrag von Herrn Grötsch lässt erkennen, dass auch diese Dimensionen der Parlamentarischen Kontrolle im Blick des Gremiums sind. Im Interesse unserer Sicherheit wird es allerdings darauf ankommen, dass sie als genauso bedeutsam und handlungsleitend wahrgenommen werden wie die Verfassungskonformität nachrichtendienstlichen Handelns: „Strong capabilities need strong oversight“.

Für den Vorstand

Dr. Gerhard Conrad


Vortragsmanuskript

Sehr geehrte Damen und Herren,

Zeitenwende. Dieser Begriff begleitet uns Abgeordnete und uns als Gesellschaft seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Vieles hat sich seit dem verändert. Auch heute hier auf dieser Konferenz ist die Zeitenwende ein zentrales Thema.

Besonders gravierend zeigt sie sich in einem massiven Kurswechsel in der Verteidigungspolitik der Bundesrepublik. Wir geben deutlich mehr Geld für die Bundeswehr aus und stehen mit Waffenlieferungen Seite an Seite mit der Ukraine. Mein Vorredner Präsident Kramer hat sicherlich schon viel dazu gesagt.

Als Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium beschäftige ich mich natürlich mit der Antwort auf die Frage, was die Zeitenwende für unsere Nachrichtendienste und vor allem für uns als deren Kontrolleure bedeutet.

Ich meine, wir müssen an vielen Stellschrauben weiterdrehen, um für mehr Sicherheit in Deutschland zu sorgen. Dabei müssen die Dienste fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Unsere Aufgabe als Parlament ist es, dafür zu sorgen, dass den Diensten die entsprechenden Werkzeugkoffer zu Verfügung stehen und darauf zu achten, dass die Werkzeuge auch verfassungsgemäß zum Einsatz kommen.

Ich möchte hier deutlich sagen, dass ich grundsätzlich davon überzeugt bin, dass unsere Nachrichtendienste gute Arbeit leisten und ich bin dankbar dafür, dass sie für unsere Sicherheit sorgen. Die Bedrohungslage in Deutschland ist nach wie vor hoch, sei es beispielsweise durch islamistischen Terror oder durch Rechtsextremisten. Wir haben es auch mit einer zunehmenden Spionagetätigkeit durch China zu tun. Die Einflussnahme Russlands auf die deutsche Medienberichterstattung und auf gewisse politische Akteure aus dem rechten Spektrum ist besorgniserregend.

Diesen Gefahren müssen wir mit gut aufgestellten Nachrichtendiensten die Stirn bieten.

In den letzten neun Jahren – so lange bin ich Mitglied im PKGr – haben wir gesetzgeberisch schon viel getan, damit die Dienste bestmöglich arbeiten können:

Wir haben in 2016 und 2021 den Bundesnachrichtendienst reformiert und die Auslandsaufklärung klar geregelt. Wir haben damit den BND auf die Höhe der Zeit nach deutscher Leseart gebracht.

Wir haben das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Zentralstelle ausgebaut und es mit modernen technischen Mitteln wie z.B. dem Einsatz der Quellen-Telekommunikationsüberwachung ausgestattet.

Jetzt arbeiten wir gerade an der sog. „großen Lösung“ für den BND. Dafür wollen wir uns Zeit nehmen und sehr genau überlegen, wie unser Auslandsnachrichtendienst in Zukunft aufgestellt sein soll.

Jede Erweiterung oder Klarstellung von Befugnissen ist jedoch immer mit einer Stärkung der Parlamentarischen Kontrolle einhergegangen. Das war uns als Sozialdemokraten besonders wichtig. So haben wir in 2016 das PKGrG grundlegend überarbeitet und viele Verbesserungen in der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste erreicht:

Wir haben das Amt des Ständigen Bevollmächtigten geschaffen, der mit einem deutlichen größeren Personalunterbau dem PKGr zuarbeitet. Dadurch sind umfangreichere Kontrollaufträge möglich. Zudem haben wir die Berichtspflichten der Bundesregierung uns gegenüber konkretisiert und um mehr Transparenz zu schaffen die jährliche öffentliche Befragung der Präsident:innen der Nachrichtendienste eingeführt.

Im Zuge der letzten BND-Reform haben wir auch den Unabhängigen Kontrollrat für die umfassende Rechtskontrolle der technischen Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes eingeführt.

Was Zeitenwende für die parlamentarische Kontrolle bedeutet, ist für mich sehr klar:

Wir müssen weg von einer Schlagzeilenkontrolle, hin zu einer strukturierten, politischen und professionalisierten Kontrolle der gesamten nachrichtendienstlichen Tätigkeit – damit meine ich auch explizit das Militärische Nachrichtenwesen – des Bundes kommen. In den letzten Jahren haben wir immer wieder von relevanten Vorgängen erst aus dem Medien erfahren. Jüngstes Beispiel ist Nord Stream. Ich werde hier nicht aus dem Nähkästchen plaudern. Das darf ich auch gar nicht, wie Sie alle wissen. Ich kann aber schon sagen, dass ich nach Erscheinen des Washington Post Artikels einigermaßen sprachlos war.

Presseberichte haben immer wieder unsere Sitzungen dominiert. Zudem binden unsere Berichtsbitten auch Kapazitäten in den Diensten, die anderer Stelle sinnvoller eingesetzt wären. Diesen Zustand kritisieren wir nicht erst seit Kurzem, sondern es handelt sich um ein grundlegendes Problem.

Mit der bereits erwähnten Reform des PKGr haben wir den Grundstein für eine effektivere und professionalisierte Kontrolle gelegt. Wir haben das Personal, wir haben die Strukturen, wir haben mit Dr. Matthias Bartke einen Ständigen Bevollmächtigten, der die Arbeit seines Vorgänger Arne Schlatmann optimal weiterführt. Jetzt gilt es dieses Potential zu nutzen. Das haben wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart. Darin heißt es: „Wir stärken und bauen die Kontrolle, insbesondere die parlamentarische, aller nachrichtendienstlichen Tätigkeiten des Bundes weiter aus.“

Was bedeutet das konkret? Ziel muss meiner Meinung nach sein, dass das PKGr DAS zentrale Kontrollorgan ist, bei dem alle Informationen zusammenlaufen, sodass wir vor die Lage kommen. Es ist richtig und wichtig, dass der Unabhängige Kontrollrat, die G10 Kommission und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz außerparlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste ausübt. Den UKRat haben wir ja erst vor ca. 1,5 Jahren nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes eingesetzt und bisher kann ich sagen, dass wir nach leichten Startschwierigkeiten positive Rückmeldungen bezüglich der Arbeit des UKRates bekommen haben.

Mit der G10 Kommission, mit dem UKRat und auch dem BfDI stehen wir als PKGr in regelmäßigem Austausch über allgemeine Fragen unserer Tätigkeit. Im G10-Gesetz und im BND-Gesetz sind Berichtspflichten der G10 Kommission bzw. dem UKRat gegenüber dem PKGr geregelt. Auch der BfDI berichtet dem Parlament jährlich. Das ist alles gut und schön. Aber: Wirklich weiter bringen uns die Berichte nicht. Auch hier können wir nur wieder ex post tätig werden und ggf. bei der Bundesregierung um Stellungnahme zu einem bestimmten Sachverhalt bitten. Das verstehe ich nicht unter Kontrolle und deshalb halte ich es für enorm wichtig, dass wir uns mit den anderen Kontrollinstanzen viel besser vernetzten können. Im Interesse eines hohen Kontrollniveaus muss im Einzelfall eine Durchbrechung der „Geheimkreise“, vermittelt durch den Ständigen Bevollmächtigten, möglich sein.

Ich stelle mir das wie folgt vor: Die G10 Kommission, der UKRat oder auch der BfDI erlangen Kenntnis von einem Umstand, der für uns als PKGr relevant sein könnte. Dann muss es in Zukunft unbedingt möglich sein, dass wir darüber sofort in Kenntnis gesetzt werden. Nur so können wir schnelle Entscheidungen treffen und handeln. Außerdem wären wir dadurch in der Lage, deutlich gezieltere Kontrollaufträge zu erteilen.

Ich wünsche mir kein nebeneinanderher Kontrollieren, sondern eine bewusste Zusammenarbeit. Denn wir haben alle im Grunde genommen dieselbe Aufgabe: Wir sorgen dafür, dass unsere Nachrichtendienste ihre Arbeit unter Einhaltung der Grundrechte leisten.

Besserer Informationsaustausch ist ein Baustein, wenn es um die Effizienz der Kontrolle geht. Die Zuständigkeiten der einzelnen Kontrollorgane sind ein anderer. Im Zuge der geplanten Reform des BNDG müssen wir auch darüber nachdenken, wie wir Kräfte bündeln können. Hierzu sind wir in der Ampel-Koalition bereits im Gespräch. Ich wünsche mir z.B. eine stärkere Einbindung des BfDI, etwa beim UKRat. Auch über die künftige Rolle bzw. Ausgestaltung der G10 Kommission müssen wir reden.

Ebenso wie über die Arbeitsweise des UKRates. Es sind jetzt ungefähr 1,5 Jahre vergangen seit der UKRat seine Arbeit aufgenommen hat. Und wie bereits erwähnt, haben wir im Großen und Ganzen gute Erfahrungen gemacht. Aber an der einen oder anderen Stelle sehe ich Optimierungspotential, etwa bei der personellen Zusammensetzung. Ein weiterer Punkt ist, dass bisher die Betroffenenrechte kein Gehör finden. Die objektivrechtliche Kontrolle wird durch Sichtweise und Argumentation des BND „gefüttert“ – wenn ich das so flapsig sagen darf. Ich kann mir gut vorstellen, eine Art Vertretung der Belange von Betroffenen einzuführen, die Stellungnahmen abgeben kann.

Weiteren Handlungsbedarf sehe ich bei der Ausgestaltung der Berichtspflichten der Bundesregierung gegenüber uns als PKGr. Ich halte es für notwendig, dass die Berichte deutlich qualifizierter werden. Als Beispiel möchte ich hier den Lagebericht zum Einsatz von Vertrauensleuten des Bundesamtes für Verfassungsschutz nennen. Hier wäre die Einführung inhaltlicher Kriterien zu erwägen.

Auch unsere eigenen Berichte über unsere Tätigkeiten sind bisher „blutleer“. Wir wollen für mehr Transparenz sorgen. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger mehr Vertrauen in die Dienste haben. Das könnten wir unter anderem dadurch erreichen, dass wir grundsätzlich zu jedem Bericht über einen Kontrollauftrag eine kurze veröffentlichungsfähige Fassung erstellen. Ausnahmen bei besonders sensiblen Aufträgen wären möglich. Es geht darum, die Arbeit unserer Nachrichtendienste sichtbarer zu machen. Schauen Sie sich den MI6 – davon mag man halten, was man will. Aber ich persönlich finde es richtig, die Ära der Schlapphüte hinter uns zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte heute die Chance nutzen und ein weiteres – für mich sehr wichtiges – Thema ansprechen, was nach meinem Dafürhalten auch längst überfällig ist. Und zwar ein Mentalitätswechsel in den Diensten. Ich kontrolliere als PKGr-Mitglied nicht nur die fachliche Arbeit der Nachrichtendienste, sondern schaue auch genau hin, wenn es um das Klima in den Fluren geht. Wenn ich höre, dass Mitarbeitende sich schlecht von der Führungsebene informiert fühlen; wenn ich höre, dass ein hoher Krankenstand herrscht; wenn ich höre, dass es Probleme bei der Personalgewinnung gibt; dann sind das für mich Gründe, nachzuhaken.

Es geht nicht nur darum, die Dienste mit noch besseren Mitteln und Befugnissen auszustatten, sondern auch darum, dass gute Leute dort arbeiten, die mit ihrem Arbeitgeber zufrieden sind. Als Sozialdemokrat bin ich fest davon überzeugt, dass gute Arbeitsbedingungen das Fundament eines jeden gut laufenden Betriebes sind. Für mich heißt das, dass wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir die Nachrichtendienste als Arbeitgeber attraktiver machen können, denn sonst laufen uns die guten Leute weg und das können wir uns in diesen Zeiten auf Kosten der Sicherheit unseres Landes nicht leisten.

Sehr geehrte Damen und Herren, Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste – Praxis und Praktikabilität. Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich am Ende meiner Rede ein Fazit ziehen:

Wir starten nicht bei null. So viel steht fest. Ich glaube auch, dass wir im internationalen Vergleich bei der Nachrichtendienstkontrolle gut aufgestellt sind. Das können wir an dieser Stelle ganz selbstbewusst sagen und das werden Sie sicherlich gleich im Anschluss an meinen Redebeitrag noch ausführlicher hören.

Durch viele kleine Stellschrauben, an denen wir in den letzten Jahren gedreht haben, sind wir als Kontrollgremium schon sehr viel effizienter geworden. Wir haben uns als PKGr auch selbst Regeln auferlegt und Arbeitsmethoden entwickelt, um deutlich praxisorientierter zu kontrollieren. So hat sich inzwischen als sehr tauglich erwiesen, dass wir einzelne Gremiumsmitglieder uns enger austauschen und geschlossen gegenüber der Bundesregierung auftreten. Das ist ein großer Unterschied zu der Arbeit in den Fachausschüssen.

Fest steht aber auch, dass wir die Kontrolle ausbauen wollen, weil sich immer wieder zeigt, dass wir mit unseren jetzigen Mitteln an Grenzen stoßen. Ich denke da z.B. auch an mehr Unterstützung durch die benannten Mitarbeitenden der Fraktionen.

Ich kann Ihnen also versichern, dass es sicherlich nicht das letzte Mal gewesen ist, dass wir über die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste diskutieren. Ob ich dann noch einer der Diskutant:innen sein werde, bleibt noch offen.

Ich wünsche Ihnen noch eine erfolgreiche Konferenz und bedanke mich nochmals herzlich für die Einladung und die Möglichkeit, hier meine Sichtweise darzulegen.

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Bundesnachrichtendienst unter Druck?

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Die Nachrichtendienste in der Ersten Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland