Curveball - Wir machen die Wahrheit?
Zum unseriösen und selektiven Umgang mit Fakten - Stellungnahme zum gleichnamigen Film
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Dr. Hans-Dieter Herrmann, Vorsitzender des Vorstandes
Der jüngst in den deutschen Kinos angelaufene Film „Curveball – Wir machen die Wahrheit“ bedient eine bereits seit Jahren durch Untersuchungskommissionen, Medienrecherchen und Wissenschaft überholte Wahrnehmung der Rolle des Bundesnachrichtendienstes im amerikanischen Entscheidungsprozess, der zum Angriff auf Irak im Jahre 2003 führte.
Der GKND weist daher noch einmal in der erforderlichen Klarheit auf die etablierten Fakten hin:
Die Eigenschaft des von Curveball produzierten Materials als unbestätigte Hinweise aus einer Quelle, war im Vorfeld des Krieges bekannt und kommuniziert, ebenso Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Hinweisgebers.
Die Untersuchungsergebnisse des Select Committee on Intelligence im US Senat haben dies bereits 2004 auch für die USA belegt.
Die Bewertung des Bundesnachrichtendienstes zur unzureichenden Erkenntnislage in Sachen irakischer Massenvernichtungspotentiale war eine Grundlage für die Ablehnung der Bundesregierung, an der „Koalition der Willigen“ teilzunehmen („I am not convinced“). Der Dienst hat damit hier, ganz im Sinne des Bundesverfassungsgerichts, die Bundesregierung dabei wirksam unterstützt, „sich im machtpolitischen Kräftefeld der internationalen Beziehungen zu behaupten, und folgenreiche Fehlentscheidungen zu vermeiden“.
Die Problematik der missbräuchlichen Nutzung eines möglichst breiten Spektrums überwiegend ungesicherter nachrichtendienstlicher Hinweise durch interessierte Politiker, vornehmlich in den USA und Großbritannien, ist im Nachgang Gegenstand umfassender parlamentarischer Untersuchungen und kritischer wissenschaftlicher Analysen der Intelligence Studies gewesen. Die gezielte und manipulative Nutzung der Curveball-Materialien konnte hier eindeutig als Teil einer breit angelegten Bemühung zur Legitimierung eines Angriffs auf den Irak eingeordnet werden.
Der Film ignoriert einen etablierten Erkenntnis- und Forschungsstand zugunsten eines geläufigen, sich BND-kritisch gebenden Narrativs. Insoweit reflektiert er auf seine Weise letztlich ebenso wenig Realität wie der ebenfalls aktuell zu sehende jüngste James Bond Film „No time to die“.
Der jüngst in den Kinos angelaufene Film „Curveball – Wir machen die Wahrheit“ beansprucht – im Gegensatz zum jüngsten James Bond Movie „No time to die“ – durchaus einen realen Hintergrund von politischer Tragweite.
Der Film bezieht sich auf einen Vorgang aus den Jahren 1998 bis 2003. Curveball war der Deckname für einen Flüchtling aus dem Irak, der 1998 vom Bundesnachrichtendienst befragt wurde, und dessen Aussagen von den USA und anderen als eine Evidenz zur Begründung des Kriegs gegen den Irak verwendet wurden.
Hieraus ergaben sich im Nachgang zum Konflikt überwiegend mediale Vorwurfslagen auch für den Bundesnachrichtendienst, die bis heute immer wieder gerne kolportiert werden.
Wie so oft ist die Darstellung in der Öffentlichkeit zumeist unvollständig oder fehlerhaft, je nach Absicht, die damit verfolgt wird. Der GKND sieht sich hier sowohl in der Pflicht als auch in der Lage, zu einer Versachlichung der Diskussion beizutragen.
Irak und seine Massenvernichtungswaffen
Wie war Ende der neunziger Jahre die Erkenntnislage zu den irakischen Programmen für Massenvernichtungswaffen?
Bagdad hatte vor dem ersten Krieg einer internationalen Koalition zur Befreiung des von Irak am 02. August 1990 besetzten Kuwait („Desert Storm“ 1991) nachweislich umfangreiche Programme für biologische und chemische Waffen. Bekanntlich setzte Irak in großem Umfang chemische Waffen im Krieg gegen den Iran und gegen die Kurden im eigenen Land ein.
Erst Monate nach dem Einmarsch der Koalitionsstreitkräfte und dem Beginn der Abrüstungsmission der Vereinten Nationen im Irak unter der Bezeichnung UNSCOM wurde damals erkannt, dass der Irak auch ein sehr großes und fortgeschrittenes Nuklearwaffenprogramm hatte, das bis dahin unerkannt geblieben war. Nach Einschätzung der IAEO, abgegeben nach der Inspektion der zum Nuklearwaffenprogramm gehörenden Anlagen, stand der Irak damals ca. 2-3 Jahre vor dem Besitz von Nuklearwaffen, er hätte aber nach seiner eigenen Einschätzung innerhalb von Monaten über eine (eine) Nuklearwaffe verfügen können.
Nach dem Einmarsch der Koalitionsstreitkräfte 1991 tat der Irak alles um die Aufdeckung seiner Rüstungsprogramme zu verhindern. Im Gegensatz zu der vor den VN abgegebenen Selbstverpflichtung legte er von sich aus nichts offen, sondern gestand nach langwierigen Inspektionen nur das ein, was ihm auch bewiesen werden konnte. Seine Erklärungen waren durchwegs unvollständig oder falsch. Sie wurden propagandistisch aber immer „full final and complete declarations“ genannt. Im Gegensatz zu den öffentlich abgegebenen Erklärungen behinderte der Irak die Arbeit der UN-Organisationen so gut er konnte. Er tarnte seine Rüstungsprogramme mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und nutzte dabei die nur eingeschränkten Befugnisse der VN-Organisationen bis ins letzte Detail aus.
Dies galt insbesondere für alles, was in Zusammenhang mit den Arbeiten zur Entwicklung und Produktion von biologischen Waffen stand. Dabei half ihm die sogenannte dual-use-Problematik, die gerade bei biologischen Waffen besonders stark ausgeprägt ist. So gelang es den UN-Inspektoren trotz mehrerer Inspektionen erst 1995, also nach vier Jahren erfolgloser Inspektionen durch internationale Fachleute, die größte irakische Fabrik für biologische Waffen in Al Hakam, als solche zu identifizieren. Und das gelang erst, nachdem der Schwiegersohn von Saddam Hussein, Hussein Kamil Majid (der für diese Programme verantwortlich war) nach Jordanien geflohen war, dort belastende Aussagen machte und Hinweise gab, welche Beweise wo zu finden seien. Der Irak hatte die Fabrik in Al Hakam als „Produktionsanlage für Einzellerprotein“ (für Tiernahrung) getarnt.
Parallel dazu gab es immer wieder Erkenntnisse, dass der Irak mit Hilfe seiner geheim arbeitenden weltweiten Beschaffungsorganisationen für diese Rüstungsprogramme die Teile beschaffte, die er brauchte um die durch die Kriegshandlungen beschädigten Anlagen zu reparieren oder völlig neue aufzubauen. Er hielt also unzweifelhaft an der Fortführung seiner Rüstungsprogramme in allen Bereichen fest. Die UNSCOM hielt 1997 in einem Bericht an den VN-Sicherheitsrat fest, dass es Indizien gebe, dass der Irak an mobilen Anlagen zur Herstellung chemischer Waffen arbeite.
Das Verhalten des Irak und die nicht nur im Nuklearwaffenprogramm nachgewiesene Fähigkeit, komplette Rüstungsprogramme geheim durchzuführen führten zu einem verbreiteten tiefgehenden Misstrauen gegenüber Saddam Hussein und den beteiligten irakischen Behörden.
„Curveball“ als Hinweisgeber
In diese Situation hinein und vor dem Hintergrund des zuvor über Jahre hinweg von allen Nachrichtendiensten unentdeckten irakischen Nuklearwaffenprogramms platzten 1999 die Aussagen von Curveball gegenüber dem BND. Curveball war der Tarnname für einen irakischen Flüchtling, der über die Beschaffung von Geräten und den Aufbau von Anlagen berichtete, von denen er sagte, dass er nicht wisse, welchen Zweck sie erfüllen sollten. Er beschrieb diese Anlagen recht genau.
Der BND teilte diese Hinweise mit den Auswertern der DIA, CIA und anderen Nachrichtendiensten. Diese kamen nach ausführlichen Diskussionen zu der Auffassung, dass es sich bei den von Curveball beschriebenen Anlagen um mobile B(!)-Waffenproduktionsanlagen handeln könnte. Diese Deutung wäre ein lageveränderndes Element gewesen, wenn es sich hätte bestätigen lassen.
Für die Glaubwürdigkeit von Curveball sprach zunächst, dass er Angaben über Einkäufe über eine irakischem Besitz befindliche Tarnfirma in einem Nachbarland machte, die der BND ab 1996 tatsächlich beobachtet hatte. Der BND informierte die seit Ende 1999 zuständige Nachfolgeorganisation von UNSCOM, UNMOVIC über die Hinweise. Diese führte jedoch an den von Curveball beschriebenen Orten keine Inspektionen durch. Die Überprüfung der Angaben von Curveball vor Ort war dem BND wiederum nicht möglich, weil sich Deutschland nicht mit Truppen am Irakkrieg beteiligt hatte. Sie hätte nur mit erheblichem Aufwand und Risiko an den dafür existenten Organisationen vorbei durchgeführt werden können.
Wegen der möglichen Bedeutung der Erkenntnisse für die Beurteilung der Bedrohungslage wurden aber Nachrichtendienste in weiteren Staaten informiert und darum gebeten, ggf. vorhandene Erkenntnisse zu übermitteln. Dies war bis Frühjahr 2001 nicht der Fall, daher wurde dieser Vorgang der mobilen B-Waffenanlagen nicht weiter verfolgt.
Nach den terroristischen Anschlägen vom 11.9.2001 suchten die USA Verbindungen der Attentäter zum von Saddam Hussein beherrschten Irak, der sich nach wie vor mit allen Mitteln gegen eine überprüfbare Abrüstung im Bereich der Massenvernichtungswaffen wehrte. Die USA gingen damals jedem auch noch so schwachen Hinweis nach, der sich als belastendes Element gegen den Irak hätte verwenden lassen. Sie verlangten vom BND direkten Zugang zu Curveball, um ihn als „Belastungszeugen“ gegen den Irak vor den Vereinten Nationen zu verwenden. Für jeden Nachrichtendienst der Welt hat der Schutz der Identität menschlicher Quellen jedoch oberste Priorität. Dieses Verlangen wies der BND in einem Brief an CIA-Direktor Tenet am 20.12.2002 zurück. In diesem Brief wurde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die Aussagen von Curveball bis dato nicht hatten bestätigen lassen. Es wurde vor der Verwendung dieser Erkenntnisse ausdrücklich gewarnt.
Trotzdem wurde dieser Vorgang von Außenminister Powell in seiner Rede am 05.02.2003 vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verwendet. Powell sprach von mehreren anderen Quellen, die diese Aussagen bestätigt hätten. Er führte in dieser Rede noch weitere Erkenntnissen der USA zu einem angeblich existenten irakischen Nuklearwaffenprogramm an und sprach von anderen vom Irak tatsächlich betriebenen konventionellen Aufrüstungsprogrammen, die sich hinterher bestätigen ließen.
Nachrichtendienstliche Hinweise – nachrichtendienstliche Erkenntnisse
Die öffentliche Diskussion um Nachrichtendienste und ihren Beitrag zur Lagefeststellung, Lagebeurteilung und Entscheidungsfindung lässt häufig eine essentielle begriffliche Unterscheidung vermissen, nämlich jene zwischen einem nachrichtendienstlichen Hinweis, zumeist einer menschlichen Quelle, der zunächst einmal zur Kenntnis zu nehmen und dann hinsichtlich seiner Relevanz, sachlichen Aussagekraft, fachlichen Validität und Glaubhaftigkeit sowie der Glaubwürdigkeit des Informationsgebers zu bewerten ist, und einer nachrichtendienstlichen Erkenntnis, die ihrerseits das Ergebnis eines Auswerte- und Analyseprozesses ist, und notwendig auf eine ganzen Reihe von Hinweisen, Indizien und fachlichen Hintergründen basieren muss. Hierzu haben Dienste spezifisch qualifizierte Auswerteabteilungen, die in der Regel auch mit fachlich ausgewiesenem Personal besetzt sind.
Nur deren Ergebnisse, mithin nachrichtendienstliche Erkenntnisse kommen als mögliche Grundlage für fundierte Entscheidungen in Frage, nicht unbestätigte operative Einzelhinweise, und auch hier sind sie in der Regel nur ein (ggfs. allerdings wichtiger) Teil eines umfassenderen kognitiven Prozesses der Lageperzeption und Entscheidungsfindung auf Regierungsebene. Wenn Einzelhinweise Eingang in einen Entscheidungsprozess finden und dort auch noch ungeachtet ihrer notwendigen Limitationen privilegiert werden, ist dies in der Regel Ausdruck und Ergebnis einer bestimmten politischen Prädisposition.
Nutzung unbestätigter Einzelhinweise zu politischen Zwecken
Nach dem Einmarsch in den Irak am 20. März 2003 konnten die US-Truppen auch 2004 und 2005 die Hinweise auf mobile BW-Anlagen und ein weitergeführtes A-Waffenprogramm nicht bestätigen, und die gesamte US-Intelligence Community geriet (auch wegen 9/11) politisch erheblich unter Druck. In gleicher Weise geschah dies auch in Großbritannien, wo die Frage, auf welcher Informations-grundlage die britische Regierung in den Krieg eingetreten war, zu einer umfassenden Untersuchung durch die Butler-Commission, später auch noch durch die Chilcott-Enquiry führte.
In dieser Situation wurden die Vorgänge um Curveball von dem Journalisten Bob Drogin in mehreren Artikeln in der Los Angeles Times und seinem Buch "Curveball: Spies, Lies, and the Man Who caused a war" von 2007 dahingehend hochstilisiert, dass der BND die USA über eine fehlgeleitete CIA in einen nicht gewollten Krieg hineinmanövriert hätte. Drogin verweist in seinem Buch auf Insiderinformationen die zumindest den Verdacht aufkommen lassen, dass er von der CIA gezielt informiert wurde. Seinen Ausführungen wurde weder von US-amerikanischer noch britischer oder deutscher offizieller Seite widersprochen. Das Echo amerikanischer und deutscher Qualitätsmedien war jedoch wie bereits ausgeführt eindeutig in ihrer Falsifizierung dieser Behauptungen. Eine zusammenfassende dezidierte Richtigstellung auf der Grundlage umfangreicher Kontakte erschien später nochmals in der Welt am Sonntag vom 28. August 2011.
Die bereits 2006 erschienene Arbeit von Eric Gujer, die ebenfalls auf Hintergrundgesprächen mit den befassten deutschen Stellen basiert, eröffnete gleichermaßen eine wesentlich differenziertere Perspektive. Noch deutlicher sind die Aussagen und Schlussfolgerungen des Select Committee on Intelligence des US Senats vom 07. Juli 2004, das sich ausführlich mit dem Fall Curveball beschäftigt hat und in diesem Kontext auch die bereits vor dem Krieg geäußerten erheblichen Zweifel der DIA an der Glaubwürdigkeit des Informanten zur Kenntnis zu nehmen hatte.
Die in erster Linie auf außen- und bündnispolitischer Rücksichtnahme basierende öffentliche Zurückhaltung der deutschen Seite, verbunden mit einer anhaltenden Publikationsaktivität zu dem Fall, der sich in der Folge zur „Curveball-Affäre“ auswuchs, trug jedoch dazu bei, dass dieser Vorgang zum „Paradefall“ für die mangelnde Qualität und die Unfähigkeit der Nachrichtendienste im Allgemeinen und des BND im Besonderen stilisiert wurde.
Dies ist umso bedenklicher, als diese Perzeption die gesamten hier nur umrissartig aufgeführten Erkenntnisse und fundierten Diskussionen zur Problematik der politisierten Nutzung unbestätigter nachrichtendienstlicher Hinweise im Vorfeld des Irakkrieges ignoriert, die im Nachgang zum Konflikt in den USA und Großbritannien erarbeitet worden sind. Die Dimension dieser Problematik ging weit über den Fall Curveball hinaus. Aus den umfassenden Feststellungen der verschiedenen Untersuchungskommissionen erhellt ohne Zweifel, dass es hier in erster Linie um die politische Instrumentalisierung einer ganzen Reihe von als geeignet angesehenen Hinweisen ging, ungeachtet ihrer Provenienz und Validität. Die Frage, in welchem Umfang es sich hier um intelligence failure oder policy failure, um intelligence led policy oder policy led intelligence, handelte, wurde einer ebenso intensiven wie seriösen Diskussion in Administration, Politik und Wissenschaft unterzogen. Nichts davon hat seinen Weg in die aktuelle mediale Behandlung gefunden. Die erneute Mystifizierung eines spezifischen, noch dazu fachlich nie bestätigten Hinweiskomplexes aus einer in ihrer Glaubwürdigkeit mehrfach angezweifelten Quelle als Manipulation des BND, der die USA zum Krieg gegen den Irak motiviert habe, kann vor diesem Hintergrund nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen werden, ebenso wie die diesbezügliche Berichterstattung zum Film, in der noch ein Bogen zum „Versagen des Dienstes“ in Afghanistan geschlagen wird.
Verhinderung von folgenreichen Fehlentscheidungen der Bundesregierung
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Grundsatzurteil vom 19. Mai 2020 eine Kernaufgabe des Bundesnachrichtendienstes dahingehend beschrieben, dass
„die Versorgung der Bundesregierung mit Informationen für ihre außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen (ihr) hilft, sich im machtpolitischen Kräftefeld der internationalen Beziehungen zu behaupten, und kann folgenreiche Fehlentscheidungen verhindern“.
Die transatlantischen politischen Kontroversen im Vorfeld des Irakkrieges haben deutlich gemacht, dass der Dienst hier seinem Auftrag gerecht geworden ist. Außenminister Fischers öffentlicher Kommentar gegenüber US-Verteidigungsminister Rumsfeld „I am not convinced“ hat dies in unmissverständlicher Klarheit zum Ausdruck gebracht.
Der gesetzliche Auftrag des Dienstes ist es, die Bundesregierung zu informieren, dies hat er nachweislich getan, auch im Hinblick auf die professionellen Zweifel an der Validität der Aussagen und Bonität des Informationsgebers. In gleicher Weise ist dies auch gegenüber den US Diensten geschehen. Der Dienst hatte gegenüber seinen Auftraggebern und Partnern im Ergebnis nichts verschwiegen. Alle wussten Bescheid.
Unabhängig davon sei im Übrigen auch darauf hingewiesen, dass – wie zum Teil immer wieder insinuiert – gegenüber der Öffentlichkeit der Dienst kein Mandat zur Berichterstattung hat, ganz im Gegenteil: Hier unterliegt er einer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit. Es ist die jeweilige Regierung, die entscheiden muss, wie sie von Informationen Gebrauch macht. Das nennt man gemeinhin politische Verantwortung oder auch Primat der Politik, auf dem gerade selbsternannte Kenner und Kritiker der Dienste so eindringlich bestehen.
Der eigentliche Skandal um Curveball ist die bewusste/missbräuchliche Nutzung von unbestätigten, dazu in ihrer Glaubhaftigkeit von vornherein in Frage gestellten Einzelhinweisen durch interessierte Entscheidungsträger. Jeder professionelle Nachrichtendienst differenziert zwischen Erst-/Einzelhinweis und mehrfach von unterschiedlichen Quellen bestätigter nachrichtendienstlicher Erkenntnis, die allein als mögliche tragfähige Entscheidungsgrundlage in Betracht kommen kann. Bei allen Curveball-Aussagen handelte es sich notwendig um einen Komplex von Einzelhinweisen aus einer Quelle, die durch den Bundesnachrichtendienst (und eben auch nicht durch andere Dienste) nie haben unabhängig bestätigt werden können. Wer auf einer solchen Grundlage schwerwiegende und weitreichende Entscheidungen zu legitimieren versucht, disqualifiziert sich selbst.
Wer – wie im aktuellen Film und insbesondere der ihn begleitenden Kommentierung erneut geschehen – auf offenkundig selektiver Daten- und Faktengrundlage liebgewordene Vorurteile gegenüber dem BND bedient, tut dies allerdings auch. Es stellt sich in der Tat wieder einmal die Frage, wer hier zu welchem Zweck welche Wahrheit „macht“.
Dr. Hans-Dieter Herrmann
Vorsitzender