Zeitenwende: Herausforderungen für die deutschen Nachrichtendienste und das Militärische Nachrichtenwesen der Bundeswehr
Vortrag des Vorstandsbeauftragten Dr. Gerhard Conrad vor der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in Bonn am 27.11.2023
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Dr. Gerhard Conrad
Der russische Überfall auf die Ukraine und der sich hieraus entwickelnde Krieg stellen einen sicherheitspolitischen Paradigmenwechsel nicht nur für Deutschland dar.
Krieg in Mitteleuropa ist wieder eine Realität, nicht nur eine entfernte Eventualität oder gar ein Hirngespinst. Bedrohungen durch begrenzte militärischen Operationen stehen hier ebenso im Raum wie hybride Kriegführung unterhalb der Schwelle zum offenen Konflikt und Bündnisfall. Die Nordostflanke der erweiterten NATO steht hier ebenso im Fokus wie der Südosten, das Schwarze Meer ebenso wie der Westbalkan. Deutschland ist national allein schon als Anrainer von Ost- und Nordsee von maritimer Bedrohung direkt betroffen, ganz zu schweigen von der Dimension der Luftverteidigung und der potentiell unmittelbaren Betroffenheit durch Zwischenfälle im All (Kommunikationssicherheit).
Geopolitisch im Hintergrund, aber nicht weniger wirkungsmächtig bis hinein nach Europa und Deutschland steht China mit seinen machtpolitischen Ambitionen in Asien wie weltweit.
Eine taktische Allianz zwischen Russland, China, Nordkorea und Iran zeichnet sich ab; sie hat bis zum Beweis des Gegenteils das Potential für eine längerfristig angelegte strategische Zusammenarbeit mit dem Ziel der Gegenmachtbildung zum Westen. Der globale Süden „geht dem Westen von der Fahne“. Diese Entwicklungen müssen verstanden und wo möglich eingehegt, besser noch überwunden werden, allein schon unter den Aspekten der eigenen Versorgungssicherheit mit strategischen Rohstoffen und der Wahrung vitaler Lieferketten.
Ressourcen- und machtpolitische Auseinandersetzungen werden sich weltweit weiter entwickeln und erhebliche Dynamik entfalten, überlagert und verstärkt durch existenzielle Verteilungskonflikte, die ihre unmittelbaren Auswirkungen auch in Europa zeitigen werden, einschließlich massiver Migrationsbewegungen, aber auch Versorgungsengpässen in strategischen Gütern. Nichts ist mehr weit entfernt und damit irrelevant in Zeiten der auch noch weiter voranschreitenden Globalisierung.
Vitale Sicherheitsinteressen im Westen, in Europa und eben auch in Deutschland werden herausgefordert werde und zur Disposition stehen, wenn sie nicht wirksam verteidigt werden können, zu Hause wie auch in Übersee.
Ob wir all dem mit einer ausschließlichen Fokussierung auf Landes- und Bündnisverteidigung standhalten können, wird zu bezweifeln sein. Out of Area ist keineswegs out of question, auch wenn zunächst einmal die gravierendsten Defizite zu Hause überwunden werden müssen. Wir sollten jedoch nicht von einem Extrem ins andere fallen.
Verteidigungsminister Pistorius hat in diesem Zusammenhang völlig zu Recht das in deutschem Munde hässlich klingende Wort der „Kriegstauglichkeit“ gewählt, um den Ernst der Lage angemessen zu beschreiben. Die teilweise allergischen öffentlichen Reaktionen haben gezeigt, dass gesellschaftlich die sicherheitspolitische Zeitenwende noch lange nicht angekommen ist.
Deutsche hard power muss in angemessenem Umfang zur Verfügung stehen, um nötigenfalls glaubhaft Ernst machen zu können, mit dem Willen zum militärischen Erfolg in Situationen der Herausforderung und Bedrohung.
Außen- und sicherheitspolitische Entwicklungen und Gefahrenmomente haben mittlerweile unmittelbare praktische Auswirkungen auf unser Leben. Wir müssen diese rechtzeitig erkennen, quantifizieren und qualifizieren können, um zeitgerecht angemessene Vorbereitungen zu ihrer Abwehr, im Idealfall auch zu ihrer Überwindung treffen zu können.
Eine zentrale Rolle in diesem Prozess kommt in Deutschland wie überall auf der Welt den Nachrichten- und Sicherheitsdiensten zu. Ihre Befähigung zur rechtzeitigen Aufklärung und zutreffenden Analyse ist eine Grundvoraussetzung für angemessene Entscheidungen und erfolgreiche Problembewältigung.
Die schwerwiegenden Krisen und Katastrophen in und um Afghanistan, Russland/Ukraine und jüngst Israel/Hamas sollten uns allen mehr als deutlich vor Augen geführt haben,
welche verheerenden Konsequenzen Fehlperzeptionen und darauf aufbauende verfehlte Entscheidungen nach sich ziehen können.
Strategische Vorausschau, die keinesfalls mit philosophischer, jedoch nicht handlungsleitender oder handlungsbefähigender Weltsicht zu verwechseln ist, muss geleistet werden. Darüber hinaus jedoch auch eine ganz konkrete, detail- und faktenorientierte Aufklärung von kurz bis langfristigen militärischen, wirtschaftlichen, subversiven und terroristischen Gefährdungsmomenten.
Auslandsnachrichtendienste sind ein zentrales Mittel im Bereich der Gefahrenabwehr und Selbstbehauptung auf internationaler Ebene. Das hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. Mai 2020 unmissverständlich formuliert. Das sind sie aber nur, wenn sie zeitgerecht handlungsbefähigende Informationen und Perspektiven liefern können. Selbstbehauptung basiert auf Informationsüberlegenheit: Sie müssen früher und besser über einen Sachverhalt informiert sein als ihr Kontrahent, zumindest aber nicht später und schlechter. In formationsüberlegenheit ist sachlogisch das strategische wie taktische Ziel von Nachrichtendiensten.
Weltbetrachtung ist per se nicht handlungsbefähigend. Ihr muss die operative Dimension hinzugefügt werden, die von dem Willen getragen werden muss, diese auch praktisch wahrzunehmen. Nach Jahrzehnten der gepflegten und identitätsstiftenden sicherheitspolitischen Abstinenz ist das der notwendige Paradigmenwechsel, der im Gefolge der Zeitenwende erarbeitet werden muss.
Es kommt eben wieder darauf an, die operativ relevanten Elemente einer potentiellen Bedrohung, die konkreten Befähigungen eines möglichen Kontrahenten und seine Absichten zu verstehen, um sich darauf rechtzeitig einstellen zu können. Detailarbeit ist hier gefragt, nicht Konjektur, Guesswork und Verallgemeinerung. Intelligence muss handlungsbefähigend sein, d.h. konkret, faktenorientiert und perspektivisch. Sie muss dann jedoch auch zu Handlungen führen: Präventive und reaktive Optionen müssen geschaffen werden im Hinblick auf mögliche oder gar wahrscheinliche Konfliktlagen. Hier gilt unverändert der Wahlspruch: „Hope for the best but prepare fort he worst“. Wer hier patzt, den trifft der Zusammenbruch in Afghanistan, der russische Angriffskrieg gegen Ukraine oder auch der brutale Terrorangriff von Hamas un vorbereitet. Es ist das Zusammenspiel zwischen strategic intelligence und staatlichem Handlungswillen, das den Unterschied macht.
Aus den perzipierten strategischen Risiken ergeben sich die konkreten Aufklärungsforderungen an die Dienste. Die Bundesregierung muss – wo nötig und sinnvoll im Zusammenwirken mit Freunden und Partnern – definieren, wozu sie operativ in der Lage sein will oder muss, welche Herausforderungen und Gefahren sie mit welchen Mitteln zu bewältigen gedenkt. Sie muss sich eine Toolbox zulegen, deren Voraussetzungen ebenso wie deren Konsequenzen sie verstehen und beherrschen muss.
Die Dienste müssen zumindest in die Lage versetzt werden, unter Einsatz der modernsten Mittel unserer Zeit mit den neuen Herausforderungen Schritt halten, am besten jedoch diesen präventiv begegnen zu können. Hier gelten die gleichen qualitativen Maßstäbe wie für die Bundeswehr.
Dies wird umso dringlicher sein, als wir uns auf eine Welt einstellen müssen, in der wir in Europa zunehmend auf uns selbst zurückgeworfen sein werden. Der große Bruder wird immer weniger zur Verfügung stehen, wenn er nicht gar spektakulär seine Protektion aufkündigt. Dies wird nicht nur dramatische Konsequenzen in finanzieller und technisch-operativer Hinsicht haben, sondern auch für die rechtlichen Grundlagen nachrichtendienstlicher Befähigungen und Befugnisse. Hier läuft uns die Zeit davon.
Deutschland wird sich aus seinem sicherheitspolitischen Nischendasein verabschieden und in gleicher Weise wie seine Freunde und Verbündeten im Westen sowohl die militärischen als auch die nachrichtendienstlichen Befähigungen und Befugnisse gestalten müssen. Dies gebietet nicht zuletzt auch seine Position als eine der großen Mittelmächte im Westen, die eine angemessene Bereitschaft und Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme mit sich bringt. Wer möchte denn immer gleich von „Führung“ sprechen, die es zu übernehmen gelte; angesichts der bekannten, wenig schmeichelhaften Defizite in den Bereichen Sicherheit mutet diese Formulierung eher unfreiwillig komisch an. Gefragt ist erst einmal, die überfälligen Hausaufgaben zu erledigen, bevor man davon herumredet, Klassenprimus sein zu wollen oder zu müssen.
Die globalen Kerninteressen Deutschlands und seiner Partner/Verbündeten sind in großem Maße deckungsgleich. Wir werden daher den gleichen Anspruch bei der Aufklärung und Analyse der politischen, militärischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umstände an uns stellen müssen, die diese Interessen beeinflussen. Dies ist auch ein Gebot der Kompatibilität und Komplementarität mit den Verbündeten. Wir müssen uns hier Schritt für Schritt, aber auch konsequent und nachhaltig, aus dem Status der Fußkranken herausarbeiten, auch hier erinnere ich nur einmal an die Problematik der digitalen Kommunikation im Bundeswehreinsatz.
Konkret bedeutet das:
Aufbau einer strategischen IMINT-Kapazität mit eigenen Satelliten, einem umfassenden Sensor-Mix (IMINT; MASINT, TECHINT) und KI-unterstützten real time-Analyseprozessen. Hier hat die Bundesrepublik Deutschland mit dem Projekt GEORG bereits seit einigen Jahren die richtigen Konsequenzen aus ihrer Abhängigkeit und Handlungsunfähigkeit gezogen und weitsichtig in eine Schlüsselkompetenz im Bereich der satellitengestützten Aufklärung investiert. Entscheidend wird hier die rasche Einführung der Systeme und ihre Operationalisierung bis 2025 sein; ebenso entscheidend wird die mittelfristige Weiterentwicklung der Nachfolgegeneration sein.
Angleichung der technischen Beschaffungsoptionen in SIGINT, COMINT und Cyber Network Operations, rechtlichen Befugnisse und Aktions-/Reaktionsfähigkeiten an den internationalen Standard der Verbündeten (Maxime: Second to none). ISR- und JISR-Befähigungen der Bundeswehr müssen hier ebenso vorangebracht werden wie jene des BND. Es muss allein schon im Interesse der Komplementarität ein Befähigungsvergleich mit den Verbündeten ebenso erfolgen wie eine Befähigungsgesamtrechnung im nationalen Rahmen.
Konsequenter Aufbau und frühzeitiger Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Quantum-Computing in allen Beschaffungs-, Analyse und Kommunikationsprozessen, innerhalb der Dienste, zwischen diesen, aber besonders auch in der Gestaltung und Optimierung der Ent scheidungsprozesse in der Bundesregierung, bis hin zum Kabinett. Viele Verfahren sind hier vielleicht noch nicht ausgereift oder stecken sogar noch in den Kinderschuhen. Umso wichtiger ist es jedoch, sich nicht in der Illusion zu wiegen, man habe ja noch viel Zeit. Allein die Vorbereitung bestehender Strukturen auf die absehbaren Quantensprünge in Leistungsfähigkeit und insbesondere Komplexität und Schnelligkeit erfordert bereits erhebliche Anstrengungen, insbesondere in einem Land und einer Gesellschaft, die in Sachen Digitalisierung staatlicher Strukturen eindeutig nicht zu den Spitzenreitern zählen, um es einmal diplomatisch auszudrücken.
Einrichtung eines leistungsstarken Gesamtlage- und Analysezentrums als Unterstützungselement für die Entscheidungsfindung des Bundeskabinetts. Dieses Zentrum muss seinerseits aufsetzen auf einem Netzwerk komplementär strukturierter Lage- und Analysezentren in den Ressorts und Bundesbehörden.
Aufbau einer gesicherten, leistungsstarken und insbesondere auch mehrfach redundan ten Vernetzung der Lagezentren in Bundesministerien, Bundesbehörden, Landesbehörden und international ist eine notwendige Konsequenz aus der Ertüchtigung und Professionalisierung staatlicher Entscheidungsprozesse. Verschlüsselung muss hier bereits im Hinblick auf Quantum-Computing ausgelegt werden.
Massive und langfristig angelegte personelle Aufstockungs- und Qualifizierungsoffensive auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Dienste. Umfassend auftragsgemäß bereitgehaltene 1st-Class Expertise muss hier der Maßstab sein. Entweder man kauft diese ein oder aber entwickelt sie selbst. Konkret bedeutet dies, dass Ausbildung, auch vollumfängliche akademische Qualifizierung, und Weiterbildung massiv aufgestockt werden müssen, und dies in allen fachlichen wie methodischen Kernkompetenzen von Beschaffung und Auswertung. Allseits ist bekannt, dass die kommenden Jahrzehnte allein schon aufgrund der demographischen Wandels einen massiven, wenn nicht gar bedrohlichen Mangel an Arbeitskräften mit sich bringen werden. Dies gilt insbesondere für den Öffentlichen Dienst, der mit seiner rechtlichen und administrativen Verfasstheit gemeinhin nicht als konkurrenzfähig zu nationaler wie internationaler Wirtschaft angesehen wird. Auch hier muss jedoch dringend über die Beschreibung dieses ebenso absehbaren wie weithin bekannten Umstands hinausgegangen werden. Besoldungs- und Laufbahnstrukturen müssen ebenso geöffnet wie finanzielle Mittel langfristig bereitgestellt werden, um Spitzenkräfte zu gewinnen oder diese entsprechend zu entwickeln und zu fördern. Hierbei ist der Umstand von entscheidender Bedeutung, dass Nachrichtendienste in der Mehrheit ihrer Angehörigen nicht zum Vollzug von Verwaltungsvorschriften berufen sind, sondern zur Beschaffung und Auswertung von Informationen, deren Inhalt und Bedeutung sie kompetent erfassen müssen, um sie qualifiziert in Entscheidungsprozesse einbringen zu können. Nachrichtendienste sind Teil eines kognitiven Wertschöpfungsprozesses zur Unterstützung staatlicher Aufgabenerfüllung: Neues, bisher Unbekanntes muss in Erfahrung gebracht und ebenso sach- wie fachgerecht bewertet und eingeordnet werden. Sach- und Fachkenntnis sind das Fundament, auf dem die Leistungsfähigkeit eines Nachrichtendienstes und letztlich seine Existenzberechtigung beruhen.
Entscheidend ist nicht nur, was mit hohem Mitteleinsatz beschafft wird, genauso entscheidend ist, was mit dem beschafften Material anzufangen ist. Die wenigsten Informationen sprechen für sich selbst, sind selbsterklärend. Der Fachmann/die Fachfrau, häufig auch ein multi- oder interdisziplinäres Team sind erforderlich, um nicht nur alles zu wissen sondern auch alles zu verstehen. Wissen allein nützt wenig. Es ist das zu-treffende und fundierte Verständnis der Fakten und Zusammenhänge, das zum richtigen Handeln befähigt. Spitzenqualifikationen aus allen Wissensbereichen müssen hier zusammenkommen und zusammenwirken, ganz wie in Exzellenzclustern in der Wissenschaft, nur mit dem bedeutsamen Unterschied, dass nachrichtendienstliche Erkenntnis handlungsrelevant sein muss, notfalls auch ohne abschließenden Beweis.
Ganz zu Recht hat die Abteilungsleiterin 7 des Bundeskanzleramts am 30.06.2023 in einer gemeinsamen Veranstaltung von GKND und DGAP die Rekrutierung, Bestandswahrung und Weiterentwicklung von Expertise angesichts der demographisch und gesellschaftlich bedingten Arbeitsmarktlage in der kommenden Dekade als „Mega-Herausforderung“ bezeichnet. Dies gilt aber eben nicht nur für MINT-Fächer. Hier müssen jetzt die Weichen gestellt werden, insbesondere auch im Hinblick auf konkurrenzfähige Vergütungs- und Besoldungsstrukturen und Förderungsmöglichkeiten. Wer hier zu spät kommt, den bestraft in der Tat die Geschichte.
Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, und nicht nur in diesem, ein ganz wesentliches Element: Das sogenannte Employer-Branding. Zu einer „Gurkentruppe“ kommt niemand, auch nicht zu einer „halbkriminellen Vereinigung“. Allenfalls besteht noch die Gefahr, dass die Falschen kommen. Hier muss massiv gegengesteuert werden, und diese Aufforderung richtet sich nicht in erster Linie an die Dienste, die in diesem Feld viel Geld in die Hand nehmen und neue Wege gehen. Das nützt ihnen jedoch alles nichts, oder nicht genug, wenn nicht auch das „Kundenfeedback“ unterstützend wirkt. Das können wir in jedem Kleinen Einmaleins des Marketing nachlesen. Jeder wird von sich selbst eher gut reden. Entscheidend ist, dass es andere tun, der Markt, in diesem Fall eben die Ressorts der Bundesregierung und das Bundeskanzleramt als Dienst- und Fachaufsichtsbehörde. Hier sind nicht gelegentliche Sonntagsreden vor ausgewähltem und damit nicht breitenwirksamem Publikum gemeint, sondern die Aufnahme der Dienste und ihrer Arbeit, ihrer Bedeutung und ihrer Leistungen in eine kontinuierliche Regierungskommunikation: Wer die Bundeswehr lobt, kann auch die Dienste loben, insbesondere wenn sie zum Erfolg von Regierungshandeln beigetragen haben. Inhalte sind gerade bei Auslandsnachrichtendiensten tendenziell heikel, ggf. auch außenpolitisch kompromittierend, es bleibt aber auf jeden Fall genug Substanz übrig, um mit seriöser Informationspolitik einen allmählichen Perzeptionswandel zu fördern und die PR-Bemühungen der Dienste zu validieren. Nur auf diese Weise wird Status und Ansehen begründet, nicht durch verklemmtes Schweigen, malevolentes Totschweigen oder zügelloses Kritisieren und Skandalisieren. Weder Mystifizierung ist gefragt, noch gar Dämonisierung. Klare, konsistente und politisch autoritative Aussagen zur Bedeutung der Dienste im politischen Entscheidungsprozess wie in der Sicherheitsarchitektur Deutschlands sind gefragt, ganz in Anlehnung an das Urteil der BVerfG vom 19. Mai 2020. Hier besteht eine Bringschuld der Politik, die es einzufordern gilt. Ein spürbarer Wandel der Öffentlichkeitsarbeit zu den Diensten ist der Lackmustest für Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit in der Zeitenwende. Ein solcher Schritt kostet wenig. Er braucht allerdings eine Zeitenwende im Kopf, und da kann ich nur Frau Lambrecht, ebenfalls vor der DGAP im September 2022, zitieren: „Da ist es am schwierigsten“. Also müssen wir da auch anfangen, zusammen mit den beschriebenen ersten grundsätzlichen Weichenstellungen für eine andere Ära nachrichtendienstlicher Unterstützung der Bundesregierung und ihrer Partner mit hochkompetenten, Maßstäbe setzenden Diensten und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.