Wir suchen Terroristen - Finde Sie mit uns

Anmerkungen zur aktuellen PR-Kampagne des Bundesnachrichtendienstes


Die folgende Fassung des Papers enthält keine Fußnoten. Die vollständige Fassung können Sie über das PDF abrufen

Dr. Gerhard Conrad

Mit erheblichem Aufwand hat der Bundesnachrichtendienst am 15. März 2024 eine neue Arbeitgebermarke vorgestellt und eine völlig neu gestaltete bundesweite Werbekampagne eingeleitet, die mit Kommunikationsformen der Generation Z den Dienst als relevanten und attraktiven Arbeitgeber nahebringen soll.

In der Tat kommen die Botschaften auf modern koloriertem Hintergrund leichtfüßig und durchaus mit einem Augenzwinkern daher:

„Komm dahinter – Karriere beim BND“,

„Falsche Identitäten – Echte Karrieren“,

„Wo man dich in 5 Jahren sieht? – Nirgendwo!“,

„Ein IT-Job, den Du Papa nicht erklären musst? – Gibt’s wirklich!“,

„Stell Dir vor, DU wirst vom BND gesucht! – Als Teil des Teams“!,

„Kein Schütteln, kein Rühren – Einfach bewerben!“,

„Wir suchen Terroristen – Finde sie mit uns!“.

Mit leichter Ironie werden damit einige Dimensionen der Arbeit im Dienst angedeutet: Die Suche nach neuen Erkenntnissen, Legendiertes Handeln, Geheimhaltung, Karriereerwartungen, Attraktivität von SIGINT und Terrorismusaufklärung.

Hinzu kommt eine optische Neuinterpretation des Bundesadlers im Behördenlogo des BND: Von der „fetten Henne“ zum „Krypto-Adler“, wie in den Medien schmunzelnd vermerkt wird: „Mit dem neuen Erscheinungsbild (Corporate Design) weicht der BND von den Vorgaben der Bundesregierung ab, die etwa fürs Kanzleramt oder die Ministerien gelten: Links der Bundesadler, in einem schmalen Streifen die Farben Schwarz-Rot-Gold der Bundesflagge, rechts der Behördenname. Beim BND sieht das jetzt ganz anders aus: Adler, daneben das Kürzel BND. Und neue Farben. Als nachgeordnete Behörde darf er das“. Viel Symbolik wird in das neue Logo eingepackt: So deute die runde Adler-Form einen Globus an – das soll Weltoffenheit und Auslandsbezug symbolisieren. Wer will, kann auch ein Funkwellensymbol erkennen – steht für Vernetzung, Aufklärung und Informationsbeschaffung. Oder einen Fingerabdruck – Zeichen für das Geheime. Mit der Gestaltung des BND-Adlers in durchbrochenen und konzentrischen Kreisen wollen dessen Schöpfer an die Sitzordnung im Bundestag erinnern – und an die demokratische Legitimation der Arbeit der Auslandsspione.

Offenkundiges Ziel der Kampagne ist es, bei einer wohl eher weniger politisch interessierten, auf rasche, pointierte Aussagen ansprechenden jungen Generation Aufmerksamkeit für den Dienst als „coole“ Institution und spannender Arbeitgeber zu erregen. Entscheidend soll hier wohl der erste click sein, mit dem man sich dann bei einem ebenfalls sehr zeitgemäß und aufwändig gestalteten Web-Auftritt des Dienstes wiederfindet.

Neue Offenheit – neue Töne?

Flankiert wird all dies offenbar durch erste autorisierte Hintergrundgespräche über lebenspraktische Aspekte der Arbeit beim BND. Hier sticht vor allem ein Auftritt von zwei jungen Beschafferinnen hervor, zu denen die BILD-Zeitung eine Kurzreportage im „Stil des Hauses“ verfasst hat: „Wir sind Geheim-Agentinnen beim BND. Ihre Tarnung vor Freunden, ihre krasse Ausbildung, ihre Vorteile gegenüber Männern“. Dieser Beitrag ist durchaus dahingehend bemerkenswert als hier – wohl erstmals – offen und konkret spezifische nachrichtendienstliche Aspekte angesprochen werden, die in Vorwendezeiten eher vorsichtig umschifft worden sind: Strikte operative Geheimhaltung, Sicherheitsbestimmungen im Umgang mit dem privaten Umfeld, Qualifikation und Ausbildung („Nachrichtendienstliche Ausbildung, Studium als Verwaltungswirt, Observationen, Vernehmungen, Schießausbildung, Nahkampf. Das ganze Programm. Eva spricht Arabisch. Ihre Einsatzorte: der Nahe und Mittlere Osten“). Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal nachrichtendienstlicher Arbeit wird genannt: „Wir erfahren Dinge, die die Öffentlichkeit nie zu hören bekommen würde. Das macht die Arbeit so spannend.“ Doch ebenso wird auch mehrfach unverblümt auf mögliche Risiken und Gefahren der operativen Tätigkeit hingewiesen: „Ihre Operationen sind nicht ungefährlich. Ihr Ziel: Geldflüsse von Terrororganisationen zu verfolgen, Politiker oder Wissenschaftler als Quellen anzuwerben“, zugleich aber auch beruhigend vermerkt: „Wir arbeiten immer in Teams, werden je nach Gefahrenlage ,begleitet’. Und wir haben Instrumente, die wir einsetzen, um uns zu schützen. Welche das sind, darüber kann ich nicht sprechen.“ Dafür wird nochmals kein Zweifel an der Risikogeneigtheit operativen Handelns gelassen: „Doch bei aller Planung, viele Einsätze sind hochgefährlich. Enttarnung der Identität, Gefangennahme, Verhöre. Darauf wurden auch Eva und Caroline vorbereitet. ‚Überlebens-, Ausweich-, Widerstands- und Flucht-Training‘, so heißt der knallharte Lehrgang, den sich die Agentinnen unterziehen mussten, bevor sie in den Einsatz gingen.“ Ein kleines Quantum angewandter „ND-Ethik“ fehlt dann ebenfalls nicht: „Haben die Agentinnen kein schlechtes Gewissen? Caroline: „Wir tun Dinge, die andere für verwerflich halten. Wir haben immer das Ziel im Blick, werden zu nichts gezwungen.“

Vor dem Hintergrund langjähriger eher behördlich und diskret daherkommenden BND-Öffentlichkeitsarbeit und konsistenten kanzleramtlichen Schweigens ist das schon einmal ziemlich „starker Tobak“. Letztlich kommt hier zwischen den Zeilen eine ungewohnt selbstbewusste, ja fast herausfordernde Botschaft über, die sich offenbar schon etwas an der aktuell zirkulierenden wehrpolitischen Forderung nach „Kriegstüchtigkeit“ orientiert „Supercooler, spannender Job, aber nichts für Weicheier und Warmduscher:innen. Nur die Guten, die Harten kommen an und kommen durch“.

Ergänzung und Fortschreibung erforderlich

Nicht alle werden begeistert sein: Der PKGr-Vorsitzende von Notz (Bündnis90/Die Grünen) sieht den neuen Stil der PR-Kampagne eher positiv: Der BND versuche, in einer schwieriger werdenden Welt Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu schützen.

"Die neue Arbeitgebermarke kann ein Baustein dafür sein, für diese wichtigen Aufgaben junge und engagierte Mitarbeiter zu finden und zu binden."

Sein Stellvertreter, Roderich Kiesewetter (CDU) ist eher skeptisch. Er halte Kampagne und Symbolik nicht für zielführend. "Weder das neue Logo noch die Botschaften machen deutlich, worum es in der aktuellen Bedrohungslage gehen muss und warum der BND so wichtig ist."

Beide dürften Recht haben. Bei allen Botschaften ist bekanntlich erst einmal entscheidend, dass sie beim intendierten Empfänger ankommen und dort die beabsichtigte kognitive oder auch emotionale Wirkung erzielen. Dies gilt für die Berichterstattung eines Nachrichtendienstes an seine Abnehmer in gleicher Weise wie für seine Selbstdarstellung im Allgemeinen oder eben auch als Arbeitgeber. Sollten die professionell für teures Geld entwickelten Formen und Inhalte der aktuellen PR-Kampagne in diesem Sinne „ankommen“, wäre schon einmal viel gewonnen.

Gleichermaßen wichtig ist jedoch, dass dieser „Hallo“-Effekt zu einer ganzen Reihe weiterer inhaltlicher Botschaften führt, die ebenfalls in einfacher und lebensnaher Sprache in geeigneten Zusammenhängen und Formen kommuniziert und verständlich gemacht werden sollten. Mit den bisherigen Inhalten ist es, da hat Kiesewetter sicherlich Recht, nicht getan.

Der GKND hat hier bereits mehrfach auf die Notwendigkeit eines umfassenden Kommunikationsansatzes im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit von Dienst und Bundesregierung hingewiesen, Diesem Ansatz müsste eine Zusammenstellung von Kernaussaugen zugrunde liegen, die in geeigneter Weise Fehlperzeptionen zurechtrückt und Charakteristika nachrichtendienstlicher Tätigkeit wie auch deren Sinnhaftigkeit, Legitimation und Bedingtheiten zur Geltung bringt.

Differenzierung und Realitätssinn vermitteln

Solche Kernaussagen müssten auf jeden Fall folgende Inhalte transportieren bzw. reflektieren:

  • Die Arbeit beim BND hat definitiv nichts mit Mord und Totschlag zu tun. Sie ist aber spannend und insbesondere sehr bedeutsam und wichtig für Staat und Gesellschaft.

  • Wir sehen täglich in allen Medien, dass wir mehr denn je vielfältigen Gefahren und Risiken ausgesetzt sind, die zum Teil eigendynamisch im Ausland entstehen und weit über ihren Ursprung hinaus wirken. Dies wird sich auch absehbar nicht mehr ändern. Die Zeiten, in denen viele von uns glaubten, das Weltgeschehen habe keine Auswirkungen auf uns, sind vorbei. Uns stehen Jahre/Jahrzehnte der Unsicherheit und Gefährdungen für Wohlstand, Freiheit und eigene Werteordnung bevor, am Ende gar noch ein Krieg. Wer hier nicht umfassend, zeitgerecht und zutreffend informiert ist, damit er angemessen reagieren oder Vorsorge treffen kann, leidet Schaden und geht auf die Dauer unter.

  • Ein Nachrichtendienst ist dazu da, geheim gehaltene Sachverhalte in fremden, uns nicht wohlgesonnenen Staaten oder anderen Akteuren herauszufinden und zu bewerten, die wesentlich für unsere Sicherheit sind. Rechtzeitige Aufdeckung ist hier von höchster Bedeutung. Sie kann – wie zum Beispiel im Terrorismus oder bei militärischen Gefahren – kurz oder mittelfristig Leben retten.

  • Methodisch hat die Arbeit in ihrem Kern viel mit wissenschaftlicher Forschung, mit investigativem Journalismus oder auch mit Ermittlungen der Kriminalpolizei zu tun: Immer soll ja etwas Unbekanntes, Wesentliches herausgefunden werden. Sie hat aber eben nichts mit Dissidenten- oder anderen Auftragsmorden zu tun, mit Desinformation, Destabilisierung, Sabotage oder Anstiftung zum Umsturz. So etwas wird bekanntlich von manchen Geheimdiensten betrieben, wenn die jeweilige Regierung diese dazu ermächtigt, ausstattet und beauftragt. Dies alles ist beim BND allein schon gesetzlich von vornherein ausgeschlossen.

  • Im Unterschied zur Forschung muss nachrichtendienstliche Arbeit in ihren Verfahren und Ergebnissen weitgehend geheim sein und bleiben. Ohne Geheimhaltung würden Quellen und Mitarbeitende schwer gefährdet. Zugleich ist es im Regelfall wichtig, dem Gegenspieler nicht zu signalisieren, welche von ihm gehüteten Geheimnisse man aufgedeckt hat. Aus Informationsüberlegenheit ergibt sich Handlungssicherheit.

  • Nachrichtendienste beschaffen Informationen nicht einfach so zum Spaß, sondern weil es wichtig ist, weil die Ergebnisse gebraucht werden, um Schaden vom eigenen Land abzuwenden. Ausgangspunkt für nachrichtendienstliche Aufklärung ist in der Regel ein Interessenkonflikt oder ein Gefährdungssachverhalt, der die Sicherheit oder andere Kerninteressen eines Landes/einer Regierung berührt.

  • Um wichtige Geheimnisse herauszufinden, dürfen die Dienste sogenannte nachrichtendienstliche Mittel anwenden, d.h. verdeckt menschliche Informanten (sogenannte Quellen) anwerben und führen, Fernmeldeverbindungen abhören, Daten aus Computern exfiltrieren, weltweit Satellitenaufnahmen machen und auswerten.

  • Das alles geht nicht einfach so freihändig, sondern muss eine Gesetzesgrundlage haben und geschieht nach strikten Regelungen, die einen Missbrauch der Befähigungen und Befugnisse verhindern sollen. Zugleich muss jedoch unbedingt darauf geachtet werden, dass eine angemessene Handlungs- und Zukunftsfähigkeit der Dienste gewähr leistet bleibt. Nur so sind sie in der Lage, den Gefahren auch wirksam zu begegnen.

  • Mit den genannten verschiedenen nachrichtendienstlichen Methoden (HUMINT, SIGINT, IMINT) werden Informationen beschafft, die so kaum ein anderer kennt, der sich nur aus Medien informieren kann. Es wird exklusives Wissen gesammelt, in seiner Bedeutung bewertet und als Grundlage für Entscheidungen von Politik, Militär und Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt.

  • Die Arbeit in den analytischen und berichterstattenden Kernbereichen ist also von vornherein hochspannend, wenn man sich für die damit verbundenen Inhalte interessiert und von diesen auch etwas versteht. Beides muss gegeben sein, damit die ganze Arbeit überhaupt Sinn macht. Hier wird nicht Vorgegebenes verwaltet, sondern Neues geschaffen und in die Entscheidungsprozesse der Bundesregierung weitergeleitet.

  • Die Beschaffung von geheimen Informationen im Ausland ist schwierig und nicht selten auch riskant, meistens jedenfalls spannend. Immerhin geht es ja darum, die Abwehrmechanismen der Gegenseite zu umgehen oder zu durchbrechen. Im technischen Bereich wird vieles sozusagen von zuhause gemacht, also vom eigenen Land aus mit entsprechenden Sensoren, die über das Internet, Satelliten oder Kabelverbindungen ausgebracht werden. Es gibt aber auch Konstellationen, in denen zum Beispiel Sensoren aus technischen und operativen Gründen in relativer Nähe zum Objekt im Ausland, zum Beispiel in einem Kriegs- oder Spannungsgebiet, aufgestellt werden müssen. Das kann dann schon einmal in ungewohnter oder gar gefährlicher Umgebung sein. Menschliche Quellen zu suchen, zu finden und zu werben ist stets eine große Herausforderung für den ganzen Menschen. Social engineering ist immer so leicht daher gesagt, doch was bedeutet es? Es erfordert vertiefte Kenntnisse der für uns fremden sozio-kulturellen Gegebenheiten und damit ein hohes Maß an Kompetenz in Sprachen, Verhaltensweisen, Wertekatalogen anderer Gesellschaften und emotionaler Intelligenz, um nicht gleich bei der Konzeption einer Operation oder spätestens bei ihrer Durchführung zu scheitern. Quellen leben häufig im Ausland. Sie können sehr oft nicht nach Deutschland reisen, sondern vielleicht nur in bestimmte andere für sie zugängliche Länder. Dort muss dann der BND-Mitarbeiter hin, manchmal auch sehr kurzfristig. Das muss nicht immer einfach und ungefährlich sein. Quellen müssen gepflegt, gesteuert, motiviert und abgesichert werden. All dies sind Aufgaben, die nicht trivial und jedenfalls hochspannend sind. Sie erfordern Imagination, Erfindungsreichtum, Flexibilität, Initiative, Umsicht, Geduld, Nachhaltigkeit und praktische wie administrative Kenntnisse.

  • All das macht man nicht alleine, sondern im Team. Hier kommen die verschiedenen Qualifikationen und Hintergründe zusammen, mit denen die Aufgaben gelöst werden können. Auch das ist nicht immer konfliktfrei, aber spannend und häufig bereichernd.

  • Internationale Zusammenarbeit prägt viele Bereiche des Dienstes, der Beziehungen zu Partnern in allen Teilen der Welt unterhält. „Join the BND and see the world“ könnte man hier fast in Abwandlung eines britischen Rekrutierungsposters aus imperialer Zeit für die Streitkräfte formulieren. Weltgewandtheit, sprachliche und interkulturelle Kompetenz, auch diplomatisches Geschick werden hier neben fachlicher Qualifikation gefordert und gefördert.

  • Die Arbeit im Nachrichtendienst fordert Engagement, Risikobereitschaft, Umsicht, Disziplin und Verantwortungsgefühl. Man kann eben nicht mit jedem über alles reden, was man im Übrigen ja auch sonst eher selten tut. Dazu gehört auch, dass man sich nicht durch eigenes unüberlegtes Verhalten gefährdet. Spionage und Gegenspionage sind ein ewiges Hin und Her zwischen den sich gegenüber stehenden Parteien. Mal hat die eine Seite die Oberhand mal die andere. Aus dieser besonderen Konkurrenzsituation oder auch Gegnerschaft erwachsen die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere in Bezug auf Kommunikation (Mobile), Identität (Legende), Reiseverhalten (SmbS) und Sozialkontakten, insbesondere auch Freundschaften/Beziehungen. Interkulturelles Fühlen und Handeln findet seine praktischen Grenzen in Geopolitik. Der russische, chinesische oder iranische Lebenspartner ist nicht selbstverständlich, allein schon um z.B. die daran hängende Familie im Herkunftsland nicht zu gefährden. Besondere Verantwortung, Vorsorge und Umsicht muss all jenen entgegengebracht werden, die sich im Auftrag des Dienstes in Gefahr begeben, also insbesondere den Quellen. Hier können Schicksale vom eigenen Verhalten abhängen. Risiken müssen abgewogen und verantwortet werden können. Leichtfertigkeit, falsch verstandene Courage und Schlampigkeit rächen sich hier nur zu oft. Mut und Maß müssen sich ergänzen.

  • Vieles zu wissen, was nicht alle wissen, mag Privileg und Nervenkitzel sein; nicht selten kann das aber auch beschweren. Bekanntlich ist die Welt kein Ponyhof, doch will man das ja manchmal lieber gar nicht wissen. Dafür ist beim Nachrichtendienst kein Platz. Man muss es wissen bzw. in Erfahrung bringen wollen. So ist es ja aber auch bei anderen Berufsgruppen, die sich mit den Problemen dieser Welt befassen müssen, vom Pfarrer über den Staatsanwalt, Richter, Psychologen bis zum Arzt, um nur wenige Beispiele zu nennen.

  • Der Beruf ist damit kein Spiel- und Tummelplatz für leichtfertige Menschen oder Zocker, dafür aber Lebensaufgabe für alle, die etwas Wesentliches und Sinnvolles für das Gemeinwohl, letztlich für die eigene und gemeinsame Sicherheit, Handlungs- und Zukunftsfähigkeit tun wollen.

  • Der BND ist eine Behörde. Damit umfassen die wahrzunehmenden Aufgaben notwendig auch ein breites Spektrum von Verwaltungs- und anderen unterstützenden Funktionen, ohne die keine einzige Quelle geworben, kein einziges Geheimnis gelüftet und kein einziges Lagepapier an die Bundesregierung übermittelt werden kann. Mitarbeitende werden sich daher in vielen verschiedenen Bereichen bewährend müssen, um die Funktionsweise des Dienstes zu verstehen und an ihr qualifiziert mitzuwirken. Hohe Fach-und Sachkompetenz wird immer auch durch Verfahrenskenntnisse zu ergänzen sein. Nur so können „die PS auf die Straße gebracht werden“. Das ist so wie zum Beispiel bei der Bundesluftwaffe: Hier kommt bekanntlich auf jeden Piloten ein großes Unterstützungsteam, ohne das er nicht fliegen, geschweige denn in den Einsatz gehen kann. So geht es auch den operativ oder auswertend arbeitenden Kolleginnen und Kollegen im Dienst: Ohne eine leistungsstarke administrative, technische und operative Infrastruktur geht nichts. Nur gemeinsam können Erfolge erzielt werden, und so ist jede Tätigkeit und Funktion im Dienst sinnstiftend, wichtig und wertvoll.

Erwartungsmanagement in Personalwerbung und Personalführung

Diese Zusammenstellung kann sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Auch wird über eine konkrete Ausgestaltung der vorgeschlagenen Inhalte und ihre jeweilige Präsentation nachzudenken sein. Die aufgeführten Merkpunkte sollten jedoch als Anregung für die Anreicherung und Fortführung der Informationskampagne verstanden werden.

Wichtig ist es, in einer verständlichen und nachvollziehbaren Weise Grundelemente nachrichtendienstlicher Arbeit, ihrer Legitimation, Zielsetzungen, Wertigkeit und Verfahrensweisen zu verdeutlichen. Dabei sind auch die schwierigen Aspekte wie Risiken, Verantwortlichkeiten und ethische Dimensionen in Grundzügen anzusprechen, ohne hierbei zu dramatisieren oder zu verharmlosen. Nicht verschwiegen werden darf im Interesse der Personalbindung bereits bei der Personalgewinnung der Umstand, dass auch die weniger spektakulär erscheinenden Bereiche von Personal- und Beschaffungswesen, wie Haushalt, Geheimschutz, Compliance und Rechtsgrundlagen als Aufgabenbereiche Kernaufgaben sind, die über Erfolg und Misserfolg des Dienstes entscheiden. Je attraktiver die Erstpräsentation des Dienstes bei der Personalwerbung ist, desto wichtiger wird es, im Rahmen der weiteren Kommunikation, gleichermaßen überzeugend und attraktiv bei der Vermittlung der Tatsache zu sein, dass nicht alle BND-Angehörigen immer nur in den Kernbereichen eingesetzt werden können. Es muss hier in geeigneter Weise (!) vermittelt werden, dass alle im Zuge ihrer Ausbildung entsprechend geschult werden und später im Rahmen ihrer Laufbahn ihren Beitrag auch in diesen zentralen Bereichen zu leisten haben.

Viele Parallelen bestehen bekanntlich zwischen den Aufgaben- und Problemspektren von BND und Bundeswehr oder auch anderen Akteuren der deutschen Sicherheitsarchitektur. Auch diese enge gegenseitige Bedingtheit sollte immer wieder klar aufgezeigt werden, allein schon um einer sachlich unzutreffenden Verkürzung des Blicks auf den BND, quasi als dämonisierbares oder mystifizierbares Unikum, entgegenzuwirken.

Die Daseinsberechtigung und die Anliegen des BND sollten ins Alltägliche eingebettet werden, wie eben jene von Polizei und Bundeswehr auch. Sie alle, samt ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ihren Soldatinnen und Soldaten, sind ja integraler Teil unserer Gesellschaft und der von ihr geschaffenen und auch kontrollierten staatlichen Strukturen, die uns vor existenziellen Risiken und Gefahren schützen sollen. Sie sind keine Fremdkörper. Diese Kernbotschaft sollte in unterschiedlichen möglichst konkreten Perspektiven und Sachzusammenhängen sowie in verständlicher, lebensnaher Weise Eingang in die Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit des Dienstes finden.

Nicht oft genug kann jedoch bei alledem betont werden, dass Personalwerbung und Personalführung komplementär sein müssen. Es gilt für alle Firmen, und so auch für Behörden, dass allein schon unter dem Aspekt der Personalbindung und Motivation die Realität der Arbeitswelt der Selbstdarstellung nach Außen so weit wie möglich entsprechen muss. Die hier zu erbringende Führungsleistung ist erheblich; in der Privatwirtschaft werden im Interesse des Unternehmenserfolgs den Bereichen der Mitarbeiterführung, Motivation und Corporate Identity große Aufmerksamkeit und umfängliche Ressourcen gewidmet. Bei Sicherheitsbehörden, die in ihrer Aufgabenstellung und Auftragserfüllung ebenfalls in besonderem Maße auf Kohärenz in der Zielsetzung und auf gemeinsames Engagement im Handeln angewiesen sind, werden diese Dimensionen – auch unter dem Aspekt von Zielorientierung und Loyalität – von besonderer Bedeutung sein und erhebliche konzeptionelle, strukturelle wie personelle Investitionen erfordern.

Für den Vorstand

Dr. Gerhard Conrad

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Die Reichsbürgerszene - Akteure, Ideologie, Gewaltpotenzial